Das Ehrenamt in Zeiten von Corona
Mein Alltag mit Corona: Anke Fritz (KKH)
„Noch dichter an den Patienten dran – aber natürlich unter Einhaltung des Mindestabstands“
Wie erleben die Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter die Pandemie? Welche Schlüsse ziehen sie für ihre Arbeit in den Sozialparlamenten der Rentenversicherung und der Krankenkassen? Anke Fritz leitet eine Rehabilitationsklinik für psychische und psychiatrische Erkrankungen in Chemnitz/Rabenstein, und sie ist Versichertenvertreterin im Sozialparlament der KKH. Für sie ist es besonders wichtig, in Corona-Zeiten auch die anderen Patienten nicht aus den Augen zu verlieren, die ebenfalls Hilfe benötigen.

Frau Fritz, wie läuft der Alltag bei Ihnen in der Klinik unter den Corona-Bedingungen?
So normal wie möglich – aber mit den nötigen Einschränkungen natürlich. Wir haben zum Glück keine Corona-Fälle bei uns im Haus und auch keine Verdachtsfälle. Auch vom Personal ist niemand erkrankt, wir können also unsere Patienten noch intensiver betreuen. Von 130 Plätzen in unserer Klinik sind zwischen 90 und 100 belegt. Wir versuchen, die Schutzmaßnahmen umzusetzen, so gut es nur irgendwie geht: Im Speisesaal haben wir Staffelzeiten eingeführt, wir haben die Therapiegruppen, die Sportgruppen, die physiotherapeutischen Gruppen und die psychotherapeutischen Gesprächsrunden verkleinert, so dass wir die Abstandsgebote einhalten können. Eine große Einschränkung ist sicherlich, dass zurzeit keine Besuche möglich sind und dass wir auch nicht, wie sonst üblich, einige Patienten an den Wochenenden nach Hause schicken können – zum Üben neu erlernter Verhaltensweisen. Wir arbeiten immer gerne mit den Angehörigen zusammen, wir möchten, dass unsere Patienten bestimmte Verhaltensänderungen, die sie hier in der Klinik gelernt haben, zu Hause in der gewohnten Umgebung bereits ausprobieren können, während sie in der Woche noch bei uns in der Reha sind. Momentan, unter Corona-Bedingungen, geht das leider nicht.
Sie sind Klinikdirektorin, und Sie sind Selbstverwalterin einer Ersatzkasse. Wie gut ist aus Ihrer Sicht unser Gesundheitssystem auf eine solche Extremsituation eingestellt?
Mittlerweile sehr gut, denke ich. In der Anfangsphase, in den ersten drei Wochen, musste auch das Gesundheitssystem noch vieles lernen, vieles musste umstrukturiert werden. Natürlich liegen überall Pandemie-Pläne bereit, auch in jeder Rehaklinik, und die gilt es dann umzusetzen. Aber in der Theorie sieht natürlich vieles anders aus als in der Praxis, und man übt niemals genug, um wirklich auf jede überraschende Situation vorbereitet zu sein. Den COVID-19-Patienten werden wir im Gesundheitssystem heute gut gerecht, glaube ich. Unsere Krankenkassen sind jederzeit eine gute Unterstützung für Versicherte und natürlich auch für Leistungserbringer. Aufpassen müssen wir jetzt, dass wir bei unserer Fokussierung auf Corona nicht die anderen Menschen vergessen, die ebenfalls dringend eine Behandlung brauchen. Gerade als Selbstverwalterin habe ich eine besondere Verantwortung auch ihnen gegenüber.
Eine persönlich Frage, bitte: Wie lang ist heute Ihr Arbeitstag?
Sagen wir so: Er hat sich ein Stück verlängert. Es gilt, täglich die Schutzmaßnahmen in der Klinik zu kontrollieren und anzupassen. Es gilt, die Patienten zu stärken und zu begleiten – auch über die Behandlung ihrer psychischen Erkrankungen hinaus. Deshalb versuche ich, noch mehr Gespräche zu führen und noch dichter an den Patienten dran zu sein – natürlich unter Einhaltung des Mindestabstands von einem Meter fünfzig. Auch mit meinem Personal will ich im Kontakt bleiben, schließlich will ich, dass alle Entscheidungen, die wir treffen, von allen mitgetragen und umgesetzt werden. Trotzdem nehme ich mir die Zeit und gehe zweimal am Tag mindestens eine Stunde lang mit unserem Hund spazieren. Meine Familie kommt mit den Belastungen auch recht gut zurecht. Wir waschen uns alle noch häufiger die Hände als sonst, um die Infektionsgefahr so gering zu halten wie möglich. Ich pflege zu Hause meine 85-jährige Schwiegermutter. Auch das trägt dazu bei, dass wir uns der Risiken durch Corona besonders bewusst sind.