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„Wir haben nichts zu verbergen“

Mehrere Krankenkassen haben in den vergangenen Monaten Berichte veröffentlicht, in denen sie über ihre Arbeit Rechenschaft ablegen. Roland Schultze, alternierender Verwaltungsratsvorsitzender der Handelskrankenkasse (hkk), erläutert den Transparenzbericht seiner Kasse und erklärt, worin der Nutzen für die Versicherten liegt.

 

Herr Schultze, wozu braucht es Transparenzberichte der Krankenkassen?

Wir haben in Deutschland ein System, in dem die Versicherten über ihre Sozialversicherung aktiv mitbestimmen – die Soziale Selbstverwaltung. Echte Mitbestimmung kann sich aber nicht darauf beschränken, dass die Mitglieder unserer Krankenkasse alle sechs Jahre bei den Sozialwahlen ihre Stimme abgeben und anschließend den von ihnen gewählten ehrenamtlichen Verwaltungsrat und den hauptamtlichen Apparat einfach machen lassen. Sie müssen unsere Arbeitsabläufe und Entscheidungsprozesse nachvollziehen und unser Handeln überprüfen können. Dafür stellen wir ihnen jetzt die nötigen Informationen zur Verfügung.

Es gibt zwar einen Katalog von Leistungen, auf die wir als Krankenversicherte alle den gleichen gesetzlichen Anspruch haben. Daneben gibt es aber die von Kasse zu Kasse unterschiedlichen Satzungsleistungen – bei der hkk unter anderem ein Bonusprogramm für Gesundheitsaktivitäten –, die von uns in den Verwaltungsräten beschlossen werden. Außerdem gibt es eine unterschiedliche Service-Qualität, ob und wie schnell Krankenkassen im Krankheitsfall Leistungen erbringen. Und da sage ich als gewählter Versichertenvertreter: Das sind Dinge, die wir offenlegen sollten, auch damit die Versicherten vergleichen können. Wir haben nichts zu verbergen.

Lassen Sie uns konkret werden: Was steht drin im Transparenzbericht Ihrer Kasse?

Zunächst einmal listen wir auf, welche Leistungen die Versicherten alles erhalten können – von der finanziellen Absicherung im Krankheitsfall über die Unterstützung bei Pflegeleistungen bis hin zu Hilfsmitteln, Zahnersatz und Mutterschaftsgeld. Wir dokumentieren, wie oft wir im vergangenen Jahr unsere Versicherten beraten und begleitet haben, wenn sie einen ärztlichen Behandlungsfehler geltend gemacht haben. Wir legen offen, wie oft bei uns Anträge auf verschiedene Leistungen gestellt wurden, in wie vielen Fällen diese Anträge genehmigt oder auch abgelehnt wurden und wie viele Tage die Bearbeitung im Durchschnitt dauerte. Von allen Anträgen auf Hilfsmittel – ob nun Schuheinlage, Rollstuhl oder Hörgerät – wurden übrigens mehr als 97 Prozent genehmigt, von den Anträgen auf Zahnersatz sogar mehr als 99 Prozent. Für diejenigen, die von unserer Kasse eine Ablehnung erhalten, weil die Gesetzeslage und die Satzung das so vorschreiben, ist das kein großer Trost. Aber es hilft vielleicht, die Diskussion zu versachlichen und auch die Mitarbeiter der Kasse, die die Ablehnung begründen müssen, vor unsachlicher Kritik zu schützen.

Ganz wichtig in unserem Transparenzbericht ist auch der Abschnitt über die Widerspruchsausschüsse. Wir dokumentieren dort nicht nur, wie viele Widersprüche unserer Versicherten gegen Entscheidungen der Kasse es 2020 gegeben hat und wie oft die ehrenamtlichen Selbstverwalter in den Ausschüssen Abhilfe schaffen konnten. Wir legen auch offen, wie viele Fälle trotz aller Klärungsversuche am Ende vor den Sozialgerichten verhandelt wurden, und wir zeigen auf, dass die Richter in den allermeisten Fällen die Entscheidungen der Kasse für rechtmäßig befunden haben. Auch damit beweisen wir Transparenz.

Welche Schlüsse können Sie als Selbstverwalter nun aus dem Transparenzbericht ziehen?

Für uns als Verwaltungsrat ist es wichtig zu wissen, was gut klappt und wo unsere Versicherten unzufrieden mit unserer Kasse sind. Wenn wir sehen, dass es in einem bestimmten Punkt drei und in einem anderen 300 Beschwerden gibt, dann wissen wir, worauf wir uns konzentrieren müssen und wo wir die Arbeit in der hkk umstellen sollten. Wenn wir kritisiert werden von unseren Versicherten, dann können wir das nicht ignorieren, wir müssen darauf reagieren. Dafür sind wir gewählt worden von den Versicherten, und Transparenz in unserer Arbeit ist die erste Voraussetzung dafür. Immer mehr Krankenkassen gehen diesen Weg, und das finde ich gut. Von denjenigen, die noch fehlen, kann ich nicht fordern, ebenfalls Transparenzberichte über ihren Service und ihre Leistungen herauszugeben – das steht mir nicht zu. Aber ermutigen kann ich sie auf jeden Fall.