Das Ehrenamt in Zeiten von Corona
Mein Alltag mit Corona: Sandra Speckert (hkk)
„Bei der Krebsvorsorge hat die Pandemie uns einen Strich durch die Rechnung gemacht“
Wie erleben die Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter die Pandemie? Wie erfüllen die Sozialparlamente der Rentenversicherung und der Krankenkassen unter Corona-Bedingungen ihre Aufgaben? Sandra Speckert ist Mitglied des Verwaltungsrates der Handelskrankenkasse (hkk). Sie ist alarmiert darüber, wie die Pandemie alle Bemühungen um Krebsvorsorge gerade bei Frauen durchkreuzt.

Frau Speckert, seit Beginn der Pandemie haben die Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter in den Krankenkassen immer wieder an die Versicherten appelliert, auf keinen Fall die Krebsvorsorge zu vernachlässigen. Haben diese Aufrufe geholfen?
Geholfen haben sie bestimmt, aber nicht in dem Maße, wie wir in der Selbstverwaltung uns das gewünscht hätten. Wir haben in der hkk gerade eine Datenanalyse vorgenommen, und dabei ist herausgekommen, dass die Zahl der bei uns in der Krankenkasse versicherten Frauen, die das Angebot einer kostenlosen Krebsvorsorgeuntersuchung des Gebärmutterhalses nutzen, in der Corona-Zeit rückläufig ist. In den ersten drei Quartalen 2019 hatten immerhin 44 Prozent der Berechtigten ihren Anspruch wahrgenommen. Im gleichen Zeitraum 2020 waren es nur noch 42 Prozent. Ich bin mir sicher, dass das mit der Corona-Pandemie zu tun hat. Viele Menschen – und zwar quer durch alle Altersgruppen – hatten offenbar Bedenken, zum Arzt zu gehen.
Der Rückgang scheint auf den ersten Blick nicht sehr groß.
Stimmt – aber wir hatten uns eigentlich erhofft, dass die Krebsvorsorge gerade im Jahr 2020 einen deutlichen Sprung nach vorn machen würde. Es gibt nämlich eine neue Vorgabe des Gesetzgebers, die uns als Krankenkassen dazu verpflichtet, in noch größerem Umfang als bisher über das Krebsfrüherkennungsprogramm und den Nutzen und die Risiken der angebotenen Untersuchungen zu informieren, und zwar regelmäßig alle fünf Jahre – eine Festlegung, die ich als ehrenamtliche Versichertenvertreterin nur aus ganzem Herzen begrüßen kann. Wir als hkk haben also im ersten Quartal des vergangenen Jahres erstmals alle unseren weiblichen Versicherten im Alter zwischen 20 und 65 Jahren direkt angeschrieben und zur Vorsorgeuntersuchung aktiv eingeladen. Gefolgt sind unserer Einladung aber nur 46 Prozent der von uns angeschriebenen Frauen. Unter den Frauen im Alter von 20 bis 34 Jahren waren es 53 Prozent, unter den Frauen im Alter von 35 bis 65 Jahren nur 43 Prozent. Wenn eine so intensive Informationskampagne so wenig Wirkung zeigt, finde ich das wirklich alarmierend. Die Pandemie hat uns mit unseren Plänen, deutlich mehr Versicherte zur Krebsvorsorge zu bewegen, einen dicken Strich durch die Rechnung gemacht.
Was raten Sie also den Versicherten?
Das ist ganz klar: Nutzen Sie die Vorsorgeangebote – auch jetzt, auch in Corona-Zeiten! Laut dem Zentrum für Krebsregisterdaten erkranken im Jahr deutlich mehr als 4.000 Frauen an Gebärmutterhalskrebs, und mehr als 1.600 sterben daran. Je früher eine Krebserkrankung festgestellt wird, umso besser stehen aber die Chancen, den Krebs zu besiegen. Im Alter von 20 bis 34 Jahren haben Frauen Anspruch auf einen jährlichen Pap-Abstrich, und ab dem Alter von 35 Jahren steht jeder von uns alle drei Jahre eine Kombinationsuntersuchung zu, die außer einem Pap-Abstrich auch einen Test auf HPV-Viren einschließt. Die Kosten tragen jeweils wir als Krankenkasse.
Der Gemeinsame Bundesausschuss (G-BA), das höchste Selbstverwaltungs-Gremium in der deutschen Gesundheitsversicherung, hat vorgerechnet, dass das Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu sterben, durch regelmäßige Vorsorge um mehr als 90 Prozent sinkt. Für mich ist es eine Selbstverständlichkeit, die Chance auf Vorsorge wahrzunehmen. Als Versichertenvertreterin kann ich auch allen anderen Frauen die Teilnahme nur dringend empfehlen.