Rentenansprüche in Kurzarbeit
„Auch in Kurzarbeit erwerben Sie Rentenansprüche“
Interview mit Rüdiger Herrmann, alternierender Vorsitzender der Vertreterversammlung der DRV Bund
21.09.2021
Wie erleben die Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter die Pandemie? Wie erfüllen die Sozialparlamente der Rentenversicherung und der Krankenkassen unter Corona-Bedingungen ihre Aufgaben? Rüdiger Herrmann ist alternierender Vorsitzender der Vertreterversammlung der Deutschen Rentenversicherung Bund und zugleich Mitglied der Bundesvertreterversammlung. Er klärt darüber auf, wie sich Kurzarbeit in Pandemiezeiten auf die künftige Rente auswirkt.

Herr Herrmann, Hunderttausende Menschen in Deutschland sind in den zurückliegenden Monaten wegen der Pandemie von ihren Arbeitgebern vorübergehend auf Kurzarbeit gesetzt worden. Was bedeutet das für die künftige Rente? Müssen die Betroffenen wegen Corona damit rechnen, dass sie im Alter weniger Geld zur Verfügung haben werden?
Ich kann alle Betroffenen beruhigen. Ich weiß, dass gerade für viele Beschäftigte mit geringen Einkommen die momentanen finanziellen Einschnitte durch Kurzarbeit sehr schmerzhaft sind. Trotzdem ist uns sicherlich allen klar, dass das Kurzarbeitergeld noch die beste Möglichkeit ist, in diesen unsicheren wirtschaftlichen Zeiten die aktuellen sozialen Härten abzufedern und Entlassungen zu vermeiden. Die Höhe der künftigen Renten wird sich durch Corona-Kurzarbeit jedenfalls nur ganz, ganz minimal verändern. Denn auch in Kurzarbeit erwirbt man Rentenansprüche.
Können Sie das an einem einfachen Beispiel erklären?
Das will ich gern versuchen, aber ganz einfach wird es nicht – dafür spielen zu viele Komponenten hinein. Nehmen wir als Beispiel einen Arbeitnehmer, der gewöhnlich einen monatlichen Verdienst in Höhe von 3.000 Euro brutto hat. Für diesen Betrag zahlen er und sein Arbeitgeber jeweils 9,3 Prozent, zusammen also 18,6 Prozent Rentenbeiträge. Dafür wächst sein späterer monatlicher Rentenanspruch, aktuell um rund 29,60 Euro pro Jahr. Nehmen wir nun an, dieser Arbeitnehmer wird auf 50 Prozent Kurzarbeit gesetzt, das heißt, er erhält von seinem Arbeitgeber nur noch 1.500 Euro brutto im Monat. Damit reduzieren sich auch die Beträge, die er in die Rentenkasse einzahlt, um glatt die Hälfte.
Das würde aber einen spürbaren Unterschied ausmachen, wenn sich die Kurzarbeit vielleicht ein ganzes Jahr hinzieht! Denn wieviel Rente uns im Alter zusteht, darüber entscheiden am Ende genau diese Beiträge, die wir in unserem Arbeitsleben nach und nach einzahlen.
Völlig richtig! Deshalb hat der Gesetzgeber hier eine andere Festlegung getroffen, die die Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer schützt. Ich bleibe bei unserem Beispiel: Dem Kurzarbeiter entgehen zwar 1.500 Euro an „richtigem“, nämlich sozialversicherungspflichtigem Einkommen. Dafür wird ihm aber ein „fiktives“ Einkommen von 80 Prozent dieses Fehlbetrages angerechnet – in diesem Fall 1.200 Euro. Und für diesen Betrag überweist der Arbeitgeber nun ebenfalls die üblichen 18,6 Prozent in die Rentenkasse.
Ohne diese Regelung würden für den Arbeitnehmer Beiträge in die Rentenkasse fließen, die einem Einkommen von 1.500 Euro im Monat entsprechen, und sein Rentenanspruch würde im Laufe dieses Jahres nur um knapp 15 Euro wachsen. Als Kurzarbeiter unter den genannten Umständen aber entsprechen seine Rentenzahlungen einem Einkommen von 2.700 Euro, und sein Rentenanspruch wächst um rund 26,70 Euro – nicht einmal drei Euro weniger als ohne Kurzarbeit während der Pandemie. Genau das meine ich, wenn ich sage: Die Kurzarbeit wird später auf dem Rentenbescheid nur einen relativ kleinen Unterschied ausmachen.