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Mein Alltag mit Corona: Andrea Büricke (KKH)

„Digitale Medien dürfen nicht zum Fluch werden“

Wie erleben die Selbstverwalterinnen und Selbstverwalter die Pandemie? Womit beschäftigen sich in Corona-Zeiten die Sozialparlamente der Rentenversicherung und der Krankenkassen? Die Rechtsanwältin Andrea Büricke aus dem brandenburgischen Bad Belzig ist Versichertenvertreterin im Verwaltungsrat der KKH und Mutter zweier Teenager. Sie hat mitverfolgt, in welchem Maße sich deren Alltag gerade unter den Corona-Ausnahmebedingungen um Smartphone und Computer dreht. Entscheidend ist aus ihrer Sicht, die Medienkompetenz der jungen Generation zu fördern.

 

Frau Büricke, auch Sie haben in den vergangenen Monaten vorwiegend zu Hause gearbeitet. Haben auch Ihre Kinder in dieser Zeit noch mehr am Smartphone gehangen als in „normalen“ Zeiten?

Ja, natürlich sind auch bei uns in der Familie die Smartphones und die anderen elektronischen Geräte noch häufiger genutzt worden als sonst. Das ist nun mal der Weg, auf dem die Kinder heutzutage mit ihren Freunden und Mitschülern kommunizieren, und dagegen habe ich auch gar nichts einzuwenden. Meine Kinder sind jetzt 16 und 18, in dem Alter ist schon eine eigene Medienkompetenz vorhanden. Da müssen sich nicht mehr unbedingt die Eltern einschalten. Wir wollen doch, dass die Kinder Übung darin bekommen, Smartphone, Computer und Online-Angebote zu nutzen. Wir sind doch darauf angewiesen. Homeschooling funktioniert nun mal nicht ohne den Computer. So gesehen, haben sich die digitalen Medien in der Zeit der Pandemie als ein Segen erwiesen. Aber ich sehe natürlich, dass sie auf der anderen Seite auch zu einem Fluch werden können.

Weil sie uns im schlimmsten Fall auch krank machen können?

Zumindest dann, wenn die übermäßige Beschäftigung mit dem Smartphone dazu führt, dass wir andere Dinge vernachlässigen, die zu einem gesunden Leben dazugehören. Wenn wir uns zu wenig bewegen. Wenn wir zu wenig Sport treiben. Wir als KKH haben gerade eine Studie veröffentlicht, die zeigt, dass sich Krankheiten ausbreiten, die früher eher untypisch waren. Zwischen 2008 und 2018 hat nach unseren Daten die Zahl von Kindern und Jugendlichen, die extremes Übergewicht aufweisen, um knapp 27 Prozent zugenommen. Wir haben 52 Prozent mehr Fälle von motorischen Entwicklungsstörungen, bei den 15- bis 18-Jährigen sogar 137 Prozent mehr. Schlafstörungen nahmen um rund 32 Prozent zu, bei Jugendlichen zwischen 15 und 18 Jahren sogar um mehr als 86 Prozent. Ich will natürlich nicht behaupten, das sei alles allein auf das Smartphone zurückzuführen. Aber dass ein Zusammenhang besteht zwischen dem veränderten Freizeitverhalten von Kindern und der Zunahme dieser Erkrankungen, daran kann es aus meiner Sicht keinen Zweifel geben.

Was muss also getan werden? Und was können die Krankenkassen tun?

Zunächst einmal sind die Eltern gefragt. Wir müssen Vorbild sein und unser eigenes Handeln kritisch betrachten. Wenn ich eine Mutter sehe, die ihren Kinderwagen vor sich herschiebt, aber nicht auf ihr Kind schaut, sondern an ihrem Handy daddelt, dann bleibt das auf die Dauer nicht folgenlos. Ich setze mich doch auch nicht mit der Familie an den Esstisch und hantiere mit dem Smartphone herum. Mit unserem Verhalten prägen wir unsere Kinder!

Am Ende geht es doch darum, den Kindern zu zeigen, wie man digitale Medien klug und verantwortungsvoll benutzt. Das ist der Auftrag an uns Eltern, das ist der Auftrag an die Bildungseinrichtungen, und es ist auch etwas, wozu wir als Krankenkassen unseren Beitrag leisten. Wir als KKH zum Beispiel haben ein interaktives Projekt auf den Weg gebracht, das sich an Schüler der 5. und 6. Klassen richtet und eine Brücke schlägt zwischen der Medienbildung in der Schule und der Medienbildung im Elternhaus. Es geht nicht darum, die Kinder zur Medienabstinenz zu erziehen. Unser Ziel ist Medienkompetenz.