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"Digitalisierung muss den Patienten nützen"

Gesundheits-Apps, Telemedizin, elektronische Patientenakte: Der digitale Wandel erreicht immer mehr Bereiche des Gesundheitswesens. Uwe Klemens, Verbandsvorsitzender des vdek, erklärt im Interview, welche großen Chancen dies für Gesundheitsversorgung bietet – und wie mit den Risiken der Digitalisierung umgegangen werden muss.

Die zunehmende Digitalisierung im Gesundheitswesen weckt Hoffnungen auf eine bessere Versorgung, erzeugt aber auch Skepsis hinsichtlich des Datenschutzes. Wie bewerten Sie die Chancen und Risiken?

Digitalisierung muss vor allem den Patientinnen und Patienten nützen. Ohne Frage können digitale Anwendungen deren Gesundheitsversorgung und Lebensqualität nachhaltig verbessern. Am Beispiel der Telemedizin kann man das gut veranschaulichen. In ländlichen Räumen sind die Wege zum nächsten Arzt oft weit, ältere Menschen sind häufig nicht mehr mobil genug, um einen Arzt aufzusuchen. Digitale Versorgungsangebote wie Videosprechstunden oder die Übertragung von Vitaldaten wie Blutdruck oder Blutzucker können da sehr hilfreich sein. Die Digitalisierung kann uns bei der Bewältigung des demografischen Wandels helfen und zugleich für mehr Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen sorgen. Echten Nutzen können digitale Anwendungen aber nur haben, wenn wir auch mit deren Risiken richtig umgehen. Um es klar zu sagen: Der Schutz individueller Daten muss immer oberste Priorität haben. Der Patient muss in jedem Fall und zu jeder Zeit Herr seiner Daten bleiben.

Die Potenziale der elektronischen Gesundheitskarte für eine bessere Versorgung sind bei weitem noch nicht ausgeschöpft. Wie geht es hier weiter?

Durch die Telematik-Infrastruktur werden alle wichtigen Akteure im Gesundheitswesen, also zum Beispiel Krankenkassen, Ärzte, Krankenhäuser, und Apotheken sicher und geschlossen untereinander vernetzt. Es ist höchste Zeit, dass wir nun zügig jene Anwendungen der elektronischen Gesundheitskarte einführen, die den Versicherten einen handfesten Nutzen bringen. Dazu gehört zum Beispiel der Notfalldatensatz, der elektronische Medikationsplan oder die elektronische Patientenakte. Das sind alles Anwendungen, die eine bessere Versorgungsqualität ermöglichen, die Zusammenarbeit zwischen den verschiedenen Leistungserbringern erleichtern und – wie bei Notfalldatensatz – unter Umständen sogar lebensrettend sein können.

Mit ihrem Forderungskatalog zur Digitalisierung im Gesundheitswesen hat sich die Mitgliederversammlung des vdek sehr klar positioniert. Warum ist die Digitalisierung überhaupt ein Thema für die Soziale Selbstverwaltung?

Als Selbstverwalter sind wir Fürsprecher und Vertreter der Versicherten und Beitragszahler. Mit der Digitalisierung verbinden sich viele Hoffnungen und Befürchtungen. Wir wollen deshalb einen Beitrag zur Orientierung und zur sachlichen Auseinandersetzung mit dem Thema leisten. Wir wollen aber auch notwendige Entwicklungen aufzeigen und Impulse geben, wie Digitalisierung die Gesundheitsversorgung der Patientinnen und Patienten verbessern kann und soll. Das erwarten die Versicherten von uns und dafür haben wir als Sozialparlamente auch ein Mandat.