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„Den Alltag erleichtern – dafür setzen wir uns ein“

Die Digitalisierung des gesamten Lebens bietet gerade im Gesundheitswesen große Chancen. Was die Krankenkassen unternehmen, welche Probleme es gibt und wie auch auf die digital weniger geübten Versicherten Rücksicht genommen wird, erläutert Jürgen Schuder, stellvertretender Vorsitzender des Verwaltungsrates der HEK.

Herr Schuder, die Digitalisierung im Gesundheitswesen und speziell bei den Krankenkassen nimmt kräftig Fahrt auf. Wo stehen wir heute? 

Lassen Sie mich bei uns im Hause beginnen. Mit gut einer halben Million Versicherten sind wir zwar nur eine mittelständische Kasse, aber wir haben trotzdem eine eigene App entwickelt und mit ihr gute Erfahrungen gesammelt. Per „Smarthealth“ können unsere Versicherten sehr schnell und unbürokratisch mit der Kasse kommunizieren. Ob es nun um eine Arbeitsunfähigkeits-Bescheinigung, eine Abfrage zur Familienversicherung oder irgendeine Rechnung geht – man muss sie nur einscannen. Genauso einfach ist es, seine eigenen Daten einzusehen, die bei der Kasse gespeichert sind: Medikamente, die man verschrieben bekommen hat, Krankschreibungen, Arztbesuche. Die App ist sehr leicht zu bedienen, und wenn man sie einmal ausprobiert hat, wird es ganz schnell selbsterklärend. 
Apps wie diese können uns den Alltag sehr erleichtern, und genau darum geht es uns als ehrenamtliche Selbstverwalter: Wir wollen, dass unsere Versicherten aus der Digitalisierung den größtmöglichen Nutzen ziehen. Dafür setzen wir uns ein. 

Und wo liegen aktuell die Probleme bei der Digitalisierung?

Gegenwärtig vor allem bei der Infrastruktur für die Nutzung der elektronischen Patientenakte. Es gibt ja tatsächlich noch Arztpraxen, wo man mit einem Faxgerät kommuniziert. Ich weiß, es ist keine kleine Aufgabe, tatsächlich alle Ärzte in Deutschland, alle Apotheken und andere Leistungserbringer wie zum Beispiel Physiotherapeuten an das System anzuschließen. Aber es ist zwingend notwendig. Als Krankenkassen leisten wir unseren Teil, damit es vorangeht. Trotzdem „klemmt es“ manchmal noch. Wenn Sie heute zum Beispiel Ihr Arzt mit Ihrem kaputten Knie zum Radiologen schickt, gibt der Ihnen Ihr Röntgenbild längst nicht mehr wie früher als Folie, sondern als CD in die Hand. Beim Orthopäden kann es Ihnen dann aber passieren, dass er Ihnen sagt: Das kann ich nicht lesen. Dabei könnte es so einfach sein: Der Radiologe speichert Ihr Röntgenbild auf Ihre Gesundheitscard, und sobald Sie wieder bei Ihrem behandelnden Arzt sind, geben Sie ihm einen Code, so dass er exakt diese Daten abrufen kann. So soll es laufen, und so muss es laufen. Aber der Ausbau der Infrastruktur dafür auf Seiten der Leistungserbringer wird noch einige Jahre brauchen, befürchte ich.

Es gibt auch eine ganze Reihe von Menschen – und nicht nur Ältere –, die mit dem Tempo der digitalen Neuerungen nicht mithalten können. Wie kümmern Sie sich als Selbstverwalter um diesen Teil der Versicherten? 

Wir achten darauf, dass auch sie genauso gut versorgt werden wie bisher – oder besser. Ich habe volles Verständnis dafür, dass die jetzige Generation 80 plus sich schwertut, wenn man ihr sagt: Pflegt mal hier eure Patientendaten, und hier könnt ihr euch aus dem Internet etwas herunterladen. Auch ich werde älter, und auch ich frage mich, wie ich in 20 Jahren mit der Technik klarkommen werde, die dann zur Verfügung stehen wird. Heute und auf absehbare Zeit muss es auf jeden Fall dabei bleiben, dass jeder, der seine Unterlagen in Papierform haben möchte, auch in Papierform bedient wird. Ansonsten würden wir einen ganzen Personenkreis ausschließen, und das darf nicht sein. Unsere oberste Priorität als Selbstverwalter lautet: Alles, was die Kasse macht, muss sie zum Wohl ihrer Versicherten machen. Das schließt ein, dass auch ein Mensch mit 95 Jahren noch alle seine Dokumente einsehen kann – ganz egal, ob er mit den neuesten Computerprogrammen vertraut ist oder nicht.