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Nicht nur eine Krankheit von jungen Frauen

Die Zahl der Menschen, die wegen Essstörungen behandelt werden, wächst, und zwar bei Frauen wie Männern und in nahezu allen Altersgruppen. Das zeigt eine Datenanalyse der KKH Kaufmännischen Krankenkasse. Ein Trend springt dabei besonders ins Auge: Auch wenn weiterhin besonders viele junge Frauen und Mädchen betroffen sind – auch unter älteren Frauen und vor allem unter Männern gibt es deutlich mehr Fälle von Magersucht, Bulimie und „Binge-Eating“, umgangssprachlich auch als Fressanfälle bekannt, als noch vor zehn Jahren.

Unter den zwölf- bis 17-jährigen Mädchen stieg die Zahl der Behandlungen wegen Essstörungen zwischen 2008 und 2018 um rund 22 Prozent, unter den gleichaltrigen Jungen hingegen um fast 60 Prozent. Noch stärker war die Zunahme nur noch bei den Über-40-Jährigen: In dieser Altersgruppe wurden zuletzt rund 54 Prozent mehr Frauen und sogar rund 96 Prozent mehr Männer wegen Essstörungen behandelt als zehn Jahre zuvor.

„Dass auch Ältere an Magersucht erkranken können, ist bei Angehörigen und Freunden häufig nicht präsent. Frauen bekommen sogar Komplimente, wie sie es schaffen, trotz ihres Alters so schlank zu sein“, sagt Michael Witte, ehrenamtlicher Selbstverwalter im Verwaltungsrat, dem Sozialparlament der KKH. „Das kann dann dazu führen, dass die Krankheit zu spät oder im schlimmsten Fall gar nicht erkannt wird.“

Bei Männern fielen Essstörungen oft nicht sofort auf, weil sie in der Regel einhergingen mit suchtartigem Krafttraining oder ähnlichen exzessiv betriebenen Sportarten, berichtet Witte. Leistungsdruck, familiäre Konflikte, der durch Fotos und Videos in den sozialen Medien suggerierte Gedanke, jede und jeder könne und müsse perfekt aussehen, und das heißt: schlank – viele Gründe könnten Essstörungen auslösen. „Je später die Erkrankung behandelt wird, desto größer ist das Risiko eines chronischen Verlaufs“, warnt der Selbstverwalter. „Ist jemand erst einmal an Magersucht oder Bulimie erkrankt, hat sie oder er häufig das ganze Leben lang damit zu kämpfen.“

Witte empfiehlt, bei Anzeichen für eine Essstörung unbedingt die Hilfe des Arztes zu suchen. Zur Prävention bieten die Ersatzkassen ihren Versicherten zudem konkrete Beratungsangebote. Sie zeigen, wie man sich gesund ernährt, oder sie geben Tipps, wie man sein Gewicht reduzieren kann, ohne dem Körper damit Schaden zuzufügen.