Bundeswahlbeauftragter für die Sozialversicherungswahlen
Peter Weiß: „Möglichst viele Wählerinnen und Wähler für die Teilnahme gewinnen“

01.10.2022
Seit dem 1. Oktober 2021, also seit genau einem Jahr, ist Peter Weiß Bundeswahlbeauftragter für die Sozialversicherungswahlen. Gemeinsam mit seiner Stellvertreterin Doris Barnett bereitet er die Wahlen zu den Gremien der Selbstverwaltung bei den verschiedenen Trägern der Sozialversicherung in Deutschland vor.
Herr Weiß, im kommenden Frühjahr werden wieder die Sozialparlamente in der Sozialversicherung gewählt. Wie weit sind die Vorbereitungen, welche Schritte stehen jetzt an?
Der Zug steht auf den Gleisen, und er nimmt deutlich an Fahrt auf. Kurz nach meiner Amtsübernahme habe ich den Wahltag für die Sozialwahlen auf den 31. Mai 2023 festgelegt. Ab dem 11. April 2023 werden die Wahlunterlagen verschickt. Dann liegt es an den Wählerinnen und Wählern. Sie müssen die Wahlbriefumschläge rechtzeitig abschicken, damit diese die Wahlausschüsse spätestens am 31. Mai 2023 erreichen. Beim Modellprojekt Online-Wahl ist der späteste Zeitpunkt zur Stimmabgabe der 31. Mai 2023 um 23:59 Uhr.
Wir bereiten zurzeit gemeinsam mit der DRV Bund und den Ersatzkassen eine gute Informationskampagne vor, die dazu beitragen soll, möglichst viele Wählerinnen und Wähler für die Teilnahme an den Sozialwahlen zu gewinnen.
Zu den Neuerungen bei der Sozialwahl 2023 gehört eine Geschlechterquote. Welche Signale erhalten Sie, ob die angestrebte Quote von mindestens 40 Prozent Frauen in allen Sozialparlamenten auch erreicht werden wird?
Die Krankenkassen und die Renten- und Unfallversicherungen haben unterschiedliche gesetzliche Voraussetzungen in Sachen Geschlechterquote. Bei den Krankenkassen gibt es keine Ausflüchte. Das Gesetz fordert die Einhaltung der Quote bei den eingereichten Vorschlagslisten auf der Arbeitgeber- und der Versichertenseite. Erfüllt eine Liste die Quote nicht, kann sie vom Wahlausschuss nicht zugelassen werden. Bei den letzten Sozialwahlen 2017 lag der Frauenanteil in den Verwaltungsräten der Ersatzkassen – auch ohne Quote – bei fast 38 Prozent. Also bin ich optimistisch, dass das bei den Ersatzkassen klappt.
Bei den Renten- und Unfallversicherungsträgern ist die Quote eine Soll-Vorschrift. Es geht also in die richtige Richtung.
Der Gesetzgeber hat den Krankenkassen die Möglichkeit eingeräumt, in einem Modellversuch die Online-Stimmabgabe zu erproben. Werden wir tatsächlich im Frühjahr 2023 erstmals bundesweite Wahlen auf digitalem Weg erleben, und welche Bedeutung hat das?
Die am Modellprojekt beteiligten Krankenkassen – allen voran die Ersatzkassen – tun alles dafür, dass im Frühjahr 2023 über 20 Millionen Wählerinnen und Wähler ihre Stimme online abgeben können. Natürlich werden derzeit noch Tests durchgeführt, die hoffentlich zeigen, dass alles funktioniert und sicher ist. Wir Bundeswahlbeauftragten waren kürzlich bei den Dienstleistern für die Online-Wahlen in Aachen und haben uns ein Bild von den Vorbereitungen gemacht. Ich kann nur sagen: Ich bin optimistisch! Deshalb werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit im Frühjahr 2023 die bislang größten staatlich veranlassten Online-Wahlen erleben. Wird die Wahl ein Erfolg, dann wird dies eine große Ausstrahlung auf viele Bereiche unserer Gesellschaft haben - bis hin zu politischen Wahlen.
Was können Versicherte tun, wenn sie in der Sozialen Selbstverwaltung mitwirken wollen?
Hierauf gibt es eine theoretische und eine praktische Antwort.
Die theoretische Antwort: Interessierte Personen sollten sich bei den Listenträgern melden und um Aufnahme auf die jeweilige Vorschlagsliste bitten. Alternativ wäre die Aufstellung einer eigenen freien Liste eine Option, für die man auf jeden Fall Unterstützerunterschriften sammeln müsste.
Die praktische Antwort: Die meisten Listenträger dürften ihre Vorschlagslisten de facto bereits aufgestellt haben. Möglicherweise hätten interessierte Personen noch die Möglichkeit – kurz vor Schluss – einen Listenplatz zu erhalten. Zu diesem Zeitpunkt erscheint es jedoch kaum noch möglich, auf einer etablierten Liste für eine Vertreterversammlung oder einen Verwaltungsrat zu kandidieren. Und für die Aufstellung einer eigenen freien Liste ist es eigentlich auch schon zu spät. Das sollte natürlich niemanden davon abhalten, sein bzw. ihr Glück zu versuchen.
Sobald feststeht, welche Organisationen in die Selbstverwaltung einziehen, kann man sich an diese wenden und die eigene Bereitschaft erklären, bei der ehrenamtlichen Rentenberatung oder zum Beispiel in den Widerspruchsausschüssen mitzuwirken. Engagierte Personen werden immer gesucht.