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„Gelegenheitschirurgie gefährdet Menschenleben!“

05.03.2021

Die Selbstverwaltung der BARMER setzt sich dafür ein, dass schwere Operationen in Deutschland in weniger, dafür aber mit besonders viel Erfahrung ausgestatteten Kliniken konzentriert werden. „Immer noch finden viele Eingriffe in Häusern statt, in denen die Ärzte vergleichsweise selten solche Operationen vornehmen“, sagt Herr Thomas Auerbach, ehrenamtlicher Verwaltungsrat der BARMER. „Operationen sind aber in der Regel sicherer, wenn Chirurgen und das interdisziplinäre Team in der Patientenversorgung vor, während und nach der Operation besonders geübt sind. Mehr Erfahrung und eingespielte Routinen führen zu mehr Know-how!“

Wie der jüngste Krankenhausreport der BARMER ausweist, sterben jedes Jahr in Deutschland rund 100.000 Menschen nach einer Operation im Krankenhaus. „Viele dieser Todesfälle wären jedoch durch eine Operation in einer Klinik mit mehr Erfahrung vermeidbar, wie unsere Studie nahelegt“, erklärt Auerbach. „Es liegt deshalb im dringenden Interesse der Versicherten, dass die Qualität der Versorgung gesteigert beziehungsweise die Versorgung an geeigneten Krankenhausstandorten mit ausreichender Expertise konzentriert wird.“

Für den Report verglichen wurden Operationen gegen Adipositas, Erkrankungen der Wirbelsäulen, Erweiterungen der Bauchaorta, Darm- und Bauchspeicheldrüsenkrebs. Einheitliche Parameter waren die Sterblichkeit innerhalb der ersten 30 Tage nach einer Operation, die Wiedereinweisungsraten und die Häufigkeit von Komplikationen während und nach der Operation. Je nach Krankheitsbild ergaben sich dabei durchaus unterschiedliche Resultate. Der Vergleich zeigte jedoch, dass im Fall von Adipositas- und den genannten Krebsbehandlungen in Kliniken mit weniger Erfahrung rund zwölf Prozent mehr Komplikationen auftraten als in Kliniken mit hohen Fallzahlen. Die Zahl der Todesfälle etwa nach einer örtlichen Tumorentfernung am Darm lag dort bei 4,4 Prozent, in Kliniken mit hohen Fallzahlen dagegen bei nur 3,6 Prozent. „Gelegenheitschirurgie gefährdet Menschenleben!“, fasst Versichertenvertreter Auerbach die Ergebnisse des Reports in einem Satz zusammen.

Als Konsequenz aus der wissenschaftlichen Studie fordert Auerbach, der in der Selbstverwaltung im Ausschuss für Wettbewerb, Marketing, Vertrieb und Kommunikation mitarbeitet, für Operationen in Deutschland einen „Masterplan für mehr Wettbewerb um Qualität“. Dazu gehörten auch berufsgruppenübergreifende Teams in den Kliniken sowie eingespielte Abläufe vor und nach den jeweiligen Operationen. Nur so könnten die Risiken minimiert werden. Außerdem sei es nötig, den Patienten und den Ärzten, die die Einweisung ins Krankenhaus vornehmen, detaillierte und leicht verständliche Informationen über die Qualität der Behandlung in den einzelnen Häusern an die Hand zu geben, um ihnen die richtige Entscheidung für eine bestimmte Klinik zu erleichtern. „Dabei sind auch wir als Krankenkassen gefragt“, sagte Auerbach.

Ebenfalls für den Report untersucht wurde die Frage, wie gut Kliniken mit hohen „Fallzahlen“ und entsprechend größerer Erfahrung für ihre Patienten überhaupt erreichbar sind. „Dabei kam heraus, dass die große Mehrheit der Bevölkerung ein solches Krankenhaus innerhalb von 60 Minuten erreichen kann“, hob Auerbach hervor. „Sofern es sich um planbare Operationen handelt, lohnt sich auch ein etwas längerer Anfahrtsweg. Es geht um gute Qualität der Behandlung und um die Vermeidung unnötiger Risiken. Das sollte allemal wichtiger sein bei der Auswahl der Klinik als ein etwas längerer Anfahrtsweg.“